08 Weitere Entwicklung bis 1789

Die Burg wird verscherbelt

Bild Burg
Burg im 17. Jahrhundert von Vogler
(Quelle: Fotosammlung Stadtarchiv & Kläui Bibliothek Uster)
 

Nachdem die Bonstetten die Burg samt Herrschaftsgebiete 1532 an die Berner Adelsfamilie von Diesbach verkauft hatten (die ihrerseits die Burg 1542 wieder verkaufte), verlor die Burg 1562 all ihre Privilegien und Herrschaftsrechte: Für nur 900 Gulden wurde sie von Hans Vogler an die Stadt Zürich geradezu verscherbelt. Die niedrige Summe verdeutlicht den stark gesunkenen Stellenwert dieser Burg und ihrer verstreut liegenden landwirtschaftlichen Güter. Zürich schlug Uster endgültig der Herrschaft Greifensee zu, das mit seinem dort residierenden Landvogt für die kommenden Jahre bis 1798 über die Geschicke Usters entschied und die Burg im Namen Zürichs als Lehen vergab.

Bereicherung durch Kriege
Der Dreissigjährige Krieg (1618–1648) ging an Uster genauso spurlos vorüber wie an der gesamten Eidgenossenschaft, mit Ausnahme von Ländereien südlich des Bodensees (Raubzüge schwedischer Truppen), Basels (Winterquartier von verschiedenen Armeen) und vor allem des heutigen Graubündens (Auseinandersetzungen u.a. um die Pass-Zugangrechte). Dennoch war auch die Zürcher Landschaft indirekt betroffen. Viele junge und ältere Männer nutzten den Krieg, um militärisch als Söldner Karriere zu machen, Protestantismus hin oder her. Aber auch Bauern, die mehr produzierten als sie selber zum Leben benötigten, verkauften Waren ins nahe bedürftige Ausland und verdienten dabei ein Vermögen. Es gibt hierfür aber keine direkten Hinweise aus Uster. Jedenfalls ist weder von der herrschaftstragenden Familie Forsteck, deren Herren während des Krieges in Uster ausstarben und die Burg nach ihrem Ableben jeweils ihren Frauen hinterliessen, noch von anderen Ustermern eine entsprechende Tätigkeit überliefert. Nach dem Krieg übernahm die Familie Tschudi die Geschicke auf der Burg, die damals schon seit Jahrzehnten unbewohnbar war. Die Herrschaftsfamilien lebten stattdessen in einem an die Burg angebauten stattlichen Haus. Seit Beginn des 18. Jahrhunderts wanderte die Burg von einer Hand zur nächsten. Erst in dieser Zeit waren viele der neuen Lehensträger Leute, die durch die Reisläuferei (Söldner) zu Reichtum gekommen waren. Die Tradition war also in Uster nicht ausgestorben, trotz der vielfältigen Kritik an ihr.

Der sogenannte Ustertod 
Die Menschen im heutigen Uster waren bereits in der Spätantike von eng verwandten Erregern der späteren Pestzüge heimgesucht worden. Wie viele Menschen damals hier betroffen waren ist unbekannt. Dazu gibt es keine schriftlichen Belege. Die früheste bisher erkannte Pestzug, der nachweislich vom einem Erreger des Stammes Yersinia Pestis ausgelöst wurde, ist die sog. Justinianische Pest, benannt nach dem römischen Kaiser Justinian, die ab 541 im ganzen spätantiken römischen Reich wütete. Das spätere Uster war damals gerade von Alamannen erschlossen worden, wobei man nicht weiss, wie gross die hiesige Bevölkerung damals war.

Der am besten dokumentierte Pestzug ist jener zwischen 1347 und 1351. Er ging als schwarzer Tod in die Geschichte ein. Auch die spätere Eidgenossenschaft verschonte er nicht, viele Quellen aus Zürich und dem Schweizer Rheintal schildern die Auswirkungen auf die Bevölkerung und das Leid der Betroffenen. Uster selbst dürfte damals ebenfalls schon in Mitleidenschaft gezogen worden sein, obgleich keine Zahlen bekannt sind.

Berichte über weitere Pestzüge existieren hingegen aus dem 17. Jahrhundert, als Uster schwer getroffen wurde. Mehrere Pestzüge musste Uster über sich ergehen lassen, so etwa 1610, 1611, 1629 (wie beschrieben) und 1630. Manche waren so schwer, dass ganze Strassenzüge in Uster ausstarben. Besonders in Kirchuster, das, wie schon gesagt, eng bebaut war und dadurch die Übertragung der Seuche begünstigte. Um den Totengeruch, der mit den Überlebenden überall hin getragen wurde zu überdecken, verbrannte man in der Kirche Riechhölzer und «büchsen bulver». Aus Unvorsichtigkeit und Laissez-Faire trotz damals schon existierender Präventivmassnahmen, kehrte die Pest 1668 zurück. Diesmal war die jetzige Stadt am Wasser derart betroffen, dass man noch Jahre später vom «Ustertod» sprach. Die verzweifelten Versuche der Behörden die Seuche mit Besuchsverboten, Reiseverboten, und dem Verbot, die Kleider Verstorbener weiterzureichen, einzudämmen, nützten letztlich nichts. Der Ustermer war einfach zu unvernünftig und sah nicht ein, Althergebrachtes aufzugeben, wie etwa Versammlungen zum Feiern beizuwohnen, von Ortschaft zu Ortschaft zu gehen oder auch die Kirche zu besuchen. Schliesslich gaben sich viele ihrem Schicksal hin. Es war schliesslich Gottes Wille: Die Menschen mussten für ihre Sünden bestraft werden. Man suchte also gar nicht erst danach, den Ursachen der Seuche auf den Grund zu gehen.

SündenböckeBei diesem mehrere Monate andauernden Pestzug verloren schätzungsweise drei Viertel aller Ustermer Bürger ihr Leben. Häufig wurden von der Bevölkerung irgendwelche Sündenböcke gesucht, die für das Unheil und vor allem auch den wirtschaftlichen Schaden verantwortlich gemacht werden konnten. Leidtragende waren neben Juden auch pflegende Frauen oder Männer, die man der Hexerei bezichtigte, weil sie trotz nächster Nähe zu den Todkranken, nicht selbst der Seuche zum Opfer gefallen waren. Zum Thema Hexen ist aus Kirch-, Ober oder Niederuster nichts bekannt. Einzig aus Nossikon wird aus dem Jahr 1656 eine betagte Frau, Elsbetha Bünzli, wegen «unsteten Lebenswandels und Ehebruch» angeklagt. Nach grausamster Folter wird sie in Zürich «gnadenhalber» enthauptet und erst danach verbrannt.

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