NEUJAHRSREDE 2017 VON STADTPRÄSIDENT WERNER EGLI
sehr geehrte Damen und Herren
Herzlich willkommen zum traditionellen Neujahrsempfang unserer Stadt.
Ein gutes neues Jahr! Ich wünsche Ihnen allen ein gutes neues Jahr! Ich wünsche Ihnen für 2017 gute Gesundheit, viel Freude und vor allem Frieden. Frieden mit sich selber, Frieden in der Familie, Zufriedenheit am Arbeitsplatz – aber vor allem Frieden mit den eigenen Gedanken. – Das habe ich schon Anfang 2016 zu Ihnen gesagt. Es ist mir aber so wichtig, und weil es nicht immer so einfach ist, habe ich es heute bewusst wiederholt.
Danke, dass Sie heute so zahlreich an diesen musikalisch umrahmten Empfang gekommen sind! So wie es aussieht, kommt der Winter, respektive der Schnee, doch noch zu uns ins Flachland. Zuallererst wird er aber – und das schon seit Wochen – ganz sehnlichst in den Bergen erwartet.
Ja – es kommt mir vor, als wären wir erst gestern hier im Stadthofsaal zusammengekommen. Es kommt mir vor, wie ein verlängerter Augenblick: Und schon wieder ist ein Jährchen um. «Einszweidrei, im Sauseschritt läuft die Zeit; wir laufen mit.» Das schrieb Wilhelm Busch, gelebt hat er von 1832 bis 1908, vermutlich etwa vor 150 Jahren. Sie sehen daran, dass schon damals die Zeit ein wichtiges Thema war, und sich unsere Vorfahren, obwohl noch wenig technischer und tempomässiger Fortschritt erkennbar war, Gedanken zur scheinbar schnelllebigen Zeit gemacht haben.
Ich begrüsse hier im Saal im Besonderen den Gemeindratspräsidenten, Hans Keel, Vertreterinnen und Vertreter vom Parlament und anderen Behörden und meine Kolleginnen und Kollegen vom Stadtrat.
Es sind unter uns:
- Patricia Bernet, Abteilungsvorsteherin Bildung
- Esther Rickenbacher, Abteilungsvorsteherin Gesundheit und Sport
- Barbara Thalmann, Abteilungsvorsteherin Soziales
- Cla Famos, Finanzvorstand unserer Stadt
- Thomas Kübler, Abteilungsvorsteher Bau und Vizepräsident des Stadtrats
- Jean-François Rossier, Abteilungsvorsteher Sicherheit
- Hansjörg Baumberger, unser Stadtschreiber
Sie, geschätzte Damen und Herren, liebe Gäste, sind heute aber hier, damit wir bei klassisch beschwingten Klängen der «Senioriker» das neue Jahr einläuten können. Gemeinsam wollen wir deshalb miteinander einen Teil dieses Nachmittags verbringen und anschliessend zusammen auch aufs neue Jahr 2017 anstossen.
Vor zwei Jahren durfte ich das erste Mal als «Stapi» am Neujahrsempfang zu Ihnen sprechen. Damals haben mich Primarschüler aus Nänikon begleitet und verstärkt. Vor einem Jahr waren Lernende dabei. Dieses Jahr nun sind ältere Menschen, Seniorinnen und Senioren, bei mir auf der Bühne. Älter werden in Uster – so der Titel einer Broschüre der Stadt Uster. Auch ist von einer Altersstrategie die Rede. Wohnen, begleiten, pflegen – das ist unsere Devise. Älteren Menschen haben wir viel zu verdanken: Sie haben für die heutige Zeit gearbeitet – jeder Mensch an seinem Platz. Dafür sage ich vielen Dank.
Der Wunsch nach Frieden steht bei uns Menschen weltweit an erster Stelle. Aber – Krieg, Terror, Krisen, Katastrophen und Ängste haben die vergangenen Monate immer mehr auch Europa bestimmt. Unsere direkten Nachbarländer sind bereits betroffen. Paris, Nizza und kürzlich auch Berlin. Und in der Nacht aufs Neujahr ein blutiger Anschlag in Istanbul. Junge Menschen wollten das neue Jahr einläuten und fröhlich feiern. 40 Frauen und Männer sind nicht mehr nach Hause gekommen. Und wir in der Schweiz – wir in Zürich oder bei uns in Uster? Unsere grossen Anlässe wie der Greifenseelauf, der Ustertag, der Uster Märt, der Weihnachtsmarkt – oder heute auch hier… Sind wir sicher? Sind die Probleme weit weg? Ich habe keine Antwort. Niemand weiss es…
Meine Damen und Herren, liebe Gäste – gewissen Themen müssen wir uns stellen. Religion und Gleichberechtigung zum Beispiel. Religion! Religion ist bei uns Privatsache! Das ist wichtig. Dafür stehe ich ein. Ich glaube an Gott. Sie glaubt an ihren Gott, er an seinen. Andere glauben an keinen Gott. Wir sind frei. Der Mensch kann in die Kirche gehen, in die Synagoge, in die Moschee oder in den Tempel. Er betet einen Baum an oder die Sonne… Wir sind frei! Es geht niemanden etwas an, vor allem den Staat nicht. – Bei uns sind Männer und Frauen gleichwertig. Darum geben wir uns – geben wir einander auch die Hand. Ich esse Schweinefleisch – du nicht! Bei uns isst jeder Mensch, was er oder sie gern hat. Auch das geht niemanden etwas an. Das gehört zu unserem Leben und zu unserer persönlichen Freiheit. Der eine liebt eine Schlachtplatte, die andere isst nur das, was auf der Wiese oder im Feld wächst. Niemand schreibt uns vor, was und wie viel wir essen dürfen. Sicher nicht der Staat. Höchstens der Arzt, weil er sich um unsere Gesundheit sorgt.
Auch wir in Uster müssen uns diesen und anderen wichtigen Themen stellen und immer wieder für unsere Freiheit einstehen. Wenn wir nachgeben, verlieren wir unsere Freiheit.
Und die Sicherheit? Als Stadt müssen wir uns auch Gedanken machen zur Sicherheit der Menschen in Uster. Uster, der Kanton Zürich, die Schweiz… wir sind Teil von Europa! Bei unseren offenen Grenzen können wir unbehelligt durch Europa reisen. Das ist sicher ein Fortschritt – birgt aber auch Gefahren. Eine Mauer bauen um die Schweiz herum, würde nicht helfen. Ganz sicher nicht. Nur eine offene Gesellschaft macht Fortschritte und das ist heute und auch für die Zukunft wichtig. Wir sind offen – aber, wir stehen auch ein für unsere Freiheit. Und das deutlich und konsequent.
Manches Mal denke ich so im Stillen, dass ich mit meinen bald 60 Jahren in einer friedlichen Zeit gelebt habe – in den vergangenen 40, 50 Jahren. Es war eine Zeit, in der für mich fast alles gut war oder gar immer ein wenig besser wurde. Ist der seit Jahrzehnten währende Friede bei uns in Europa und damit auch in der Schweiz womöglich ein Ausnahmezustand? Denn – wir wissen noch alle oder können es nachlesen, was vor 70, 80, 100 Jahren und früher in unseren Breitengraden geschah. – Wenn bei den Menschen der Wunsch nach Frieden an erster Stelle steht, können Krieg, Terror und Angst nichts Normales sein. Tragen wir deshalb alle dazu bei, dass sich der Frieden als «eigentlicher Ernstfall» bei uns dauerhaft festigt.
In den vergangenen zwölf Monaten ist in Uster einiges passiert.
Der Gestaltungsplan Zeughaus ist nach einem Referendum vom Stimmvolk im Sommer klar angenommen worden, und somit steht jetzt endlich der Weg frei, dass wir im ersten Halbjahr des neuen Jahres die Hälfte des Areals, also rund 13 500 m2, zu einem günstigen Preis erwerben können. Wir stehen in den Startlöchern für die Entwicklung dieses grossen Grundstücks. Wir sind zuversichtlich, dass wir schon bald mit Vorschlägen beim Parlament und dann später auch wieder bei Ihnen, bei der Bevölkerung, aufwarten können.
Die andere Hälfte des Gebiets wird für die Nutzung als Wohn- und Gewerberaum dienen, der gemeinnützige Wohnungsbau soll dabei einen wichtigen Platz erhalten. Das Ganze wird vermutlich im Baurecht ablaufen. Und da wird auch die Stadt nochmals Einfluss nehmen und mitrechnen wollen, ob ein solches Engagement für uns selber vertretbar wäre. In der Tat wäre es wohl einmalig oder zumindest erstmalig, wenn die Stadt Uster als Bauherrin von Wohnungen in dieser grossen Zahl aufträte. Die Nachfrage wäre sicher vorhanden.
Beim Spital Uster geht es auch einen grossen Schritt weiter. Am vergangenen 27. November hat der Zweckverband, also die Stimmbevölkerung von elf Gemeinden, ganz deutlich das Finanzierungskonzept beschlossen. Damit kann der Um- und Erweiterungsbau des Spitals Uster realisiert werden. Dieser ist auch dringend nötig, denn die modernen Gerätschaften, die bestens ausgebildeten Fachkräfte brauchen neuen Platz, um den über 150 000 Menschen, die im Gebiet des Zweckverbands wohnen, eine gute, ja eine optimale medizinische Versorgung zu gewährleisten. Das Spital Uster ist der grösste Arbeitgeber in Uster, und darum ist Uster auch stolz, dass wir die Realisierung begleiten dürfen. Das Spital Uster ist wichtig für unsere Stadt. Leider ist jeder Schritt, der in den vergangenen Monaten erfolgte, mit Rekursen und Beschwerden aus der Nachbarschaft belegt worden. Ich hoffe sehr, dass wir eine Lösung für alle finden werden.
Das Hallenbad ist vor kurzem wieder eröffnet worden. Es erstrahlt in neuem Glanz und ist deutlich grösser als vorher. Wir können nebst den bisherigen Becken ein neues und imposantes Bad mit zehn 50-Meter-Bahnen oder zwanzig 25-Meter-Bahnen anbieten. Viele haben sehnlichst auf die Inbetriebnahme gewartet: Kinder, Erwachsene, Sportler und sicher alle Wasserfreunde. Kommen Sie vorbei – es lohnt sich, das grösste Hallenbad der Schweiz anzuschauen und einen Sprung ins warme Wasser zu wagen!
Das Schulhaus Krämeracher nimmt schon erste Formen an. Eine ganz grosse Baustelle präsentiert sich da vor uns und zeigt, dass Bildung bei uns einen grossen Stellenwert hat und dass bei einer Bevölkerungsentwicklung von plus 400 Personen pro Jahr auch viele Kinder dazu kommen, die Schulraum brauchen. Wir freuen uns, das neue Schulhaus ab Mitte 2018 beziehen zu können!
Die Planung des neuen Seerestaurants in Niederuster ist vor wenigen Wochen mit einem Planungswettbewerb lanciert worden. Meine Aussage vor einem Jahr, dass wir bis im Sommer 2018 ein neues Restaurant am See haben werden, muss ich dennoch ein wenig korrigieren – aber bis in den Spätherbst oder Winter des nächsten Jahres möchte ich dort einkehren können!
In dem Jahr beginnt die Stadt mit der Revision der Ortsplanung. Der Stadtrat hat darum das Projekt «2035» lanciert. Wir erarbeiten zuerst ein Stadtentwicklungskonzept. Darauf folgen dann die Richtplanung und eine Nutzungsplanung. Mit dieser Ortsplanung wollen wir festlegen, wie sich unsere Stadt in den kommenden 20 Jahren, also bis 2035, baulich entwickeln soll. Die Revision wird einige Jahre brauchen und wird die Stadt und damit auch unser Leben, das Leben der Bevölkerung, nachhaltig prägen. Das letzte Mal ist die Ortsplanung vor 30 Jahr revidiert worden. Wir dürfen deshalb also mit Gewissheit behaupten, dass es ein kleiner historischer Akt ist, der uns da bevorsteht. Gemeinderat, Bevölkerung und andere Interessenorganisationen werden in den Prozess aktiv einbezogen.
Danke, dass Sie uns mit ihrem klaren Votum in der Abstimmung vom November auch den Startschuss gegeben haben, den Werkhof und das Areal der Feuerwehr zu erneuern und zu erweitern: Wir wollen an der Dammstrasse renovieren und auch aufstocken. Wir wollen Feuerwehr und Polizei zusammenlegen und neuen Platz schaffen, damit extern gemietete Räumlichkeiten wieder frei werden. Die externen Mietzinsen belasten nämlich unsere Ertragsrechnung. Selbstverständlich sind auch eigene Liegenschaften nicht gratis; das weiss jeder, der ein Haus oder eine Eigentumswohnung hat. Aber mit den heutigen Zinsen, die wir für lange Jahr fast zum Nulltarif absichern können, ist es trotzdem und aus verschiedener Sicht günstiger als in Fremdmiete.
Ja – das leide Thema der tiefen Zinsen habe ich auch das letzte Mal an dieser Stelle angesprochen. Von tiefen Zinsen kann man heute schon gar nicht mehr sprechen. Es gibt gar keine Zinsen mehr, und man muss schon hier und dort Negativzinsen zahlen. So geht per 1.1.2017 auch ein beliebter Volkssport zu Ende. Seit gestern lohnt es sich nämlich nicht mehr, die Bundessteuern vorzeitig zu begleichen. Es gibt nämlich auch vom Bund ab sofort keinen Zins mehr auf vorzeitige Einzahlungen…
Die Stadt Uster hat im vergangenen Jahr deshalb kurzerhand eine eigene Bank gekauft. Jaa – aber eben leider nicht, um Sparhefte oder Kassenobligationen mit gutem Zins anzubieten – nein, der Kauf der alten ZKB an der Freiestrasse ist ein strategischer Entscheid, den Immobilienbesitz der Stadt im Zentrum zu erweitern und geeignete Abteilungen in diesem Bankgebäude unterzubringen. Gewisse Infrastrukturen sind dort vorhanden und können gut weiterbenützt werden. Wir werden auch da sicher bald etwas zu berichten wissen.
Der Baustart im Kern Süd ist ebenfalls erfolgt – nein: es geht dort gar ganz ‹tifig› voran. Bereits stehen die ersten Gebäude im Rohbau, und schon bald wird man erkennen können, was da in diesem Geviert alles passiert. Konturen der neuen Metzgerei Hotz beispielsweise sind bereits sichtbar.
Wir haben also ganz generell bei verschiedenen Projekten den Schauplatz von den Büros auf die Baustelle hinaus verlagert. Schaufel und Kelle lösen Bleistift und Computer ab. Den Ideen und Plänen folgen jetzt Taten. So auch bei der Kantonsschule, wo wir im vergangenen Frühling den Spatenstich vollziehen durften: Der Bildungsstandort Uster entwickelt sich damit nochmals deutlich sichtbar.
Das alles kostet aber auch Geld – viel Geld. Eine Stadt mit bald 35 000 Einwohnerinnen und Einwohnern braucht neue Infrastrukturen, und bestehende Bauten müssen auch zweckmässig unterhalten werden. Der Stadtrat schaut mit Sorgfalt, dass die Finanzen der städtischen Buchhaltung im Gleichgewicht gehalten werden. Auf Perioden grösserer Aufwendungen oder Investitionen folgen auch wieder Jahre, in denen man sparen muss. In denen man die finanziellen Batterien wieder auflädt. Das ist im Geschäfts- und vor allem auch im Privatleben nicht anders.
Mitunter hat der Stadtrat darum vor anderthalb Jahren eine Leistungsüberprüfung in der Stadtverwaltung angesetzt. Eine Sparübung sagen die einen, ein Optimierungsvorgang sagen die anderen. Wie auch immer: Der Stadtrat will die Stadt fit aufstellen für die Zukunft und auch fit behalten. Darum ist es auch angebracht, wenn wir alle paar Jahre intensiv schauen, ob wir alles noch richtig und ob wir auch das Richtige machen. Die ersten Ergebnisse jedenfalls sind sehr ermutigend. Wir können ohne Leistungsabbau nachhaltig eine Summe von mehreren Millionen Franken einsparen. Nicht sparen und abbauen – nein, einsparen dank verbessertem Wirtschaften. Darum danke allen, die bei diesem Projekt mitgearbeitet haben und auch weiter daran arbeiten. Wir sind nämlich mitten drin im Projekt und erwarten noch weitere erfolgsversprechende Synergien und Optimierungsmöglichkeiten bei Leistungen, Arbeit, Lieferungen und Diensten.
Am 7. April respektive 1. Juli 1927 – also vor bald 90 Jahren – haben sich elf Zivilgemeinden dafür ausgesprochen, sich zur politischen Gemeinde Uster zusammenzuschliessen: Freudwil, Nossikon, Riedikon, Sulzbach und Wermatswil. Dabei waren auch Werrikon und Winikon-Gschwader, aus Uster selber Kirchuster, Niederuster, Oberuster und natürlich auch Nänikon. Hierbei ist aber zu erwähnen, dass es den Nänikern und den Wermatswilern eines regierungsrätlichen ‹Schupfs› bedurfte: Beide Gemeinden hatten sich sehr schwer getan mit dem Verlust ihrer Selbständigkeit. Bei den Nänikern meint man das auch heute noch manches Mal zu spüren… Somit werden wir dieses Jahr sicher auch noch auf dieses wichtige Ereignis anstossen können, bedeutet es doch auch 90 Jahre Parlamentsbetrieb in Uster.
Der Usterapfel kommt vielleicht bei dieser Gelegenheit auch wieder in Erinnerung oder erhält gar eine Renaissance. Vor allem älteren Menschen ist der süsse Apfel noch bekannt, der früher noch ‹Blatteröpfel› hiess und später nach einem Ustermer Offizier benannt wurde. Er gehörte nämlich vor 90 und mehr Jahren zu einer der häufigsten und beliebtesten Apfelsorte im Kanton Zürich. Es gibt immer noch einige Usterapfelbäume im Gemeindegebiet, und auch auf dem Wochenmarkt auf dem Stadthausplatz wird der Apfel verkauft.
Meine Damen und Herren – ich bin dankbar, dass ich in der Gemeinde Uster in der Aussenwacht Wermatswil leben darf. In Wermatswil bin ich aufgewachsen, und in Uster bin ich daheim. Daheim! Wie viele Menschen haben heute noch ein Daheim? Wie viele Menschen sind heute auf der Flucht und leben in einem fremden Land, wo sie nicht willkommen sind?
Wenn ich an Istanbul denke – als die jüngste schlimme Nachricht – dann kommt mir der grosse deutsche Dichter Johann Wolfgang Goethe in den Sinn. Er lässt im «Faust» zwei Bürger miteinander sprechen. Ich zitiere:
«Ein Bürger sagt: Nichts Besseres weiss ich mir an Sonn- und Feiertagen als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei – wenn hinten, weit, in der Türkei, die Völker aufeinander schlagen. Man steht am Fenster, trinkt sein Gläschen aus und sieht den Fluss hinab die bunten Schiffe gleiten. Dann kehrt man abends froh nach Haus und segnet Fried und Friedenszeiten.
Ein zweiter Bürger sagt: Herr Nachbar, ja – so lass ich’s auch geschehen. Sie mögen sich die Köpfe spalten, mag alles durcheinander gehen – doch nur zu Hause bleibt’s beim Alten.»
Goethe schrieb seinen «Faust» im Jahr 1832. Vor bald 200 Jahren hat er also die Welt so gesehen. In der heutigen Zeit bleibt bei uns aber nichts mehr beim Alten. Auch bei uns daheim, hier in Uster nicht. Wir sind medial ständig in Bewegung, und wenn weit weg etwas passiert, sehen wir es sofort live im Fernsehen oder auf einer anderen Plattform.
In Bewegung wollen auch die Seniorinnen und Senioren bleiben. Ja, wir werden alle älter und wollen dennoch jung, fit und eben in Bewegung bleiben. Die Welt verändert sich gleichzeitig immer schneller. Für die Senioren bedeutet das, dass sie im Verglich zu früheren Generationen ein ausserordentliches Spektrum haben – von alten Erinnerungen bis hin zu neuen Erfahrungen. Wer heute 80 ist, also Jahrgang 1937 oder früher hat, kann sich noch an den 2. Weltkrieg erinnern und an eine Zeit ohne Fernsehen. In ihrer Kindheit waren die Strassen noch staubig und Autos selten. Die technische Entwicklung, den Wohlstand und gesellschaftliche Veränderungen haben die heutigen Seniorinnen und Senioren aber auch hautnah miterlebt und mitgeprägt. Immer mussten sie sich neu anpassen und ständig Neues lernen. Die Herausforderung des ständigen Lernens hat sich in jüngster Zeit ja noch akzentuiert. Das iPhone macht fast im Wochentakt Updates, und so muss man fast wöchentlich neue Funktionen kennen. Und auch die Billettautomaten erhalten immer wieder neue Bedienungsoptionen. Die ständigen Neuerungen können zu Verunsicherung führen. Wir werden zwar immer älter, sollen aber gleichzeitig im Kopf immer jung bleiben.
Beständig dagegen ist die klassische Musik. Eine Geige funktioniert heute wie vor 500 Jahren – sie braucht auch keine Updates. Und auch das Zusammenspiel folgt den gleichen Regeln wie seit eh und je. Ich freue mich darum ganz besonders, heute die «Senioriker», ein symphonisches Orchester aus Streichern und Bläsern zu begrüssen. Ich freue mich auch besonders, dass drei Musikerinne noch vor der Musikvorstellig ihre persönlichen Wünsche zum neuen Jahr kundtun.
Vorher aber sage ich noch danke. Stellvertretend allen, die auch ‹öppis mached› und nicht nur sagen, ‹me sött öppis mache›, danke ich jetzt mit einem grossen Applaus:
- der Crew des Stadthofsaals und dem OK vom Quartierverein Kirchuster dafür, dass sie die Räumlichkeiten heute hergerichtet haben,
- der Küche und den zahlreichen Helferinnen und Helfern für den Apéro,
- Ihnen allen! Sie offerieren uns ja alle den Neujahrsanlass mit festlicher Musik und dem feinen Apéro!
Begrüssen Sie mit mir ganz herzlich und mit grossem Applaus die «Senioriker» unter der Leitung der Dirigentin Anja Wettstein zum heutigen Neujahrskonzert.
Vielen Dank!