06 Die Reformation 1519 bis 1531

Das 16. Jahrhundert begann mit revolutionären Umwälzungen. Durch die Reformation verlor die Kirche ihre allumfassende Macht und ihr Alleinstellungsmerkmal. Ab 1519 energisch vorangetrieben vom damaligen Leutpriester in Zürich, Huldrych Zwingli, setzte sich seine Kritik an der kirchlichen Tradition unter der Bevölkerung schnell durch. Im Zürcher Oberland teilte man vor allem Zwinglis Kritik an der sog. Reisläuferei, also das Söldnertum in fremden Diensten. Die Kirche erliess bislang jedem die Sünden, der an Kriegszügen im Sinne der Kirche teilnahm. Obgleich sich manch einer dabei bereichern konnte, verloren dennoch viele ihr Leben. Insbesondere in Erinnerung ist die Katastrophe von Marignano im Jahr 1515, wo viele Zürcher Landsknechte ums Leben kamen. Diese unguten Erinnerungen trugen entschieden dazu bei, Zwinglis Argumenten zu folgen. Die Herren auf der Burg Uster jedoch blieben zunächst der Reisläuferei treu. Erst als ein Bonstetten 1522 auf dem Schlachtfeld bei Bicocca blieb, änderte sich ihre Haltung.

Kirchensturm und Säkularisierung
Der neue Glaube traf in Uster kaum auf Widerstand. Das lag vor allem auch am Leutpriester Usters, Ulrich Pfister, der schon früh ein Anhänger Zwinglis war. 1524 kehrten auch die Bonstetten dem alten Glauben den Rücken zu. Ein Jahr später hatte sich die Kirchgemeinde Uster vollumfänglich dem neuen Glauben zugewandt. Die Messe wurde abgeschafft und die Klöster aufgehoben, die kirchlichen Vermögen verstaatlicht (Säkularisierung). Anders als in Egg oder Maur, wo die Heiligenfiguren aus den Kirchen auf den jeweiligen Friedhöfen verbrannt wurden, blieb die alte Andreaskirche in Uster unangetastet. Das lag daran, dass einige Kapläne noch beim alten Glauben geblieben waren, aber auch, weil noch nicht alle Bürger sich reformieren liessen. Zürich zeigte sich von dem Umstand beunruhigt, dass in der Kirche offenbar beide Glaubensrichtungen gepredigt wurden und forderte, man solle dazu Sorge tragen, nicht einmal «hieuse» (hierhin), dann einmal «dertuse» (dorthin) zu lehren und zu predigen. Die Predigt solle von nun an in einem Sinne sein. Wie Uster diese Forderung umsetzte ist nicht bekannt. Vermutlich wurde ab einem gewissen Datum nur noch das «neue» Wort Gottes gepredigt.

150 Spiesse für die Glaubensdurchsetzung
Die Reformation verlief in Uster verhältnismässig gesittet von statten, auch wenn die Herrschaft Greifensee darum bat, man möge alle, die nicht zum neuen Glauben stünden «mit guete oder mit böse» abweisen. Zwingen musste man in Uster offenbar kaum jemanden. Gläubige, die den Ideen Zwinglis nichts abgewinnen konnten, werden Uster früher oder später verlassen haben, wahrscheinlich nach der Innerschweiz, wo sich die Reformation nicht durchsetzen konnte. Da befürchtet wurde, diese Glaubensverschiebung könnte mancherorts nicht ohne Gewaltanwendung geschehen, orderte das Amt Greifensee zur eigenen Sicherheit 150 Spiesse. Das war nicht ganz unbegründet, denn die Bauern sahen in der Reformation nicht allein eine religiöse Reform, sondern verbanden mit ihr auch soziale Änderungen, wie die Abschaffung des Zehnten, der ja ursprünglich eine kirchliche Abstammung war. Diese Hoffnungen erfüllten sich gleichwohl nicht. In Deutschland führten diese Spannungen 1525 zu einem blutig niedergeschlagenen Aufstand. Auch hierzulande drohte nach einem Überfall auf das Kloster Rüti und die Johanniter Kommende in Bubikon (auch 1525) Ähnliches. Die reformierten Stände wollten eine Eskalation unbedingt vermeiden. Durch Diplomatie und so manche Entlastung von den Abgaben, gelang es die Bauern zumeist ruhig zu halten.

Unbeugsame Täufer
Probleme hingegen bekundete die Obrigkeit in Zürich mit der radikal religiösen Bewegung der Täufer, die im Zuge der Reformation entstand und Zwingli im Prinzip unterstützte. Dabei legten die Täufer das Wort der Bibel aber noch strenger aus als der Reformator. Zudem wehrten sie sich gegen kirchliche wie weltliche Autoritäten. Sie machten keine Kompromisse und gaben sich mit den geringfügigen Entlastungen nicht zufrieden, die die Bauern im Zaum hielten. Die Herrschaft Grüningen wurde zu einem Zentrum der Täuferbewegung, die sich schnell in der Nordost-Schweiz und im Süden Deutschlands ausbreitete. Die Obrigkeit sah keine Alternative, als mit Verfolgung auf die Täuferbewegung zu reagieren. Ihre Anführer wurden gejagt und hingerichtet. Trotz der räumlichen Nähe sind aus Uster keine täuferischen Aktivitäten überliefert, obgleich die Kirchgemeinde Uster weit in die Herrschaft Grüningen hineinragte.

Gegenreformation
1528 erlaubte es die Zürcher Obrigkeit, Kelche, Messgewänder und sonstiges Kirchenzier zu verkaufen - weil «sölich zunsselwerk» nun nichts mehr nutze - und die Einnahmen zum Wohl der Armen zu verwenden. Man darf annehmen, dass auch die Ustermer Kirche zu dieser Zeit in die nüchterne Ausstattung einer reformierten Kirche umgebaut wurde.

Eigentlich wäre das Kapitel zur Reformation in Uster nun abgeschlossen, wenn es nicht 1529/31 zu den beiden Kappelerkriegen gekommen wäre, in denen sich die beim alten Glauben verbliebenen Stände der Innerschweiz und die reformierten Orte der Nord- und Ostschweiz um die religiöse Vorherrschaft stritten (Gegenreformation). Konnte der erste Waffengang ohne Blutvergiessen 1529 mit einem Landfrieden beendet werden (Kappeler Milchsuppe), führte der, von Zwingli geförderte zweite Kappelerkrieg 1531 in die Katastrophe für die reformierten Orte. Neben Zwingli liessen viele bekannte Namen aus Zürich ihre Leben auf dem Feld und auch aus Uster, Sulzbach und Greifensee kehrten viele Kämpfer nicht zurück. Einige Namen sind überliefert, eine genaue Zahl jedoch fehlt.

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