NACHRUF AUF WALTER BURKERT

23. März 2015
Der renommierte Altphilologe Walter Burkert – geboren am 2. Februar 1931 in Neuendettelsau (Bayern, Deutschland) – ist am 11. März 2015 in Uster verstorben. Während seiner langjährigen Professur für klassische Philologie an der Universität Zürich lebte der Wissenschaftler in Uster.
Walter Burkert galt als einer der weltweit herausragenden Kenner der Religion des antiken Griechenland, doch seine Bescheidenheit verbot es ihm, diesen von der Fachwelt bestätigten Fakt herauszustreichen. Im fränkischen Erlangen begann er seine wissenschaftliche Karriere. Nach seiner Habilitation an der Universität Nürnberg übernahm Burkert 1966 eine Professur an der Technischen Universität Berlin, bevor er in die Schweiz übersiedelte und von 1969 bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1996 an der Universität Zürich lehrte. In jener Zeit veröffentlichte er neben zahlreichen Büchern und unzähligen Aufsätzen auch sein bekanntestes Werk, «Homo necans» (der tötende Mensch), in dem er altgriechische Opferriten und Mythen interpretierte. Darin kommt er nach Anregungen u.a. vom Verhaltensforscher Konrad Lorenz zur Ansicht, dass die blutigen Opferriten der griechisch-römischen Kultur eine «Inszenierung geregelter Aggression» gewesen seien und letztlich zum Ziel hatten, ein Gemeinschaftsgefühl zu erzeugen. In diesem Werk gründete sein Renommee, in dem er die Altphilologie als moderne Kulturwissenschaft zu verstehen forderte und er sich als einer der ersten nicht scheute, Kontakte mit den Naturwissenschaften aufzunehmen. So konnte er erklären, wie sich die griechischen und orientalischen Religionen gegenseitig beeinflussten und dies bis ins Paläolithikum verfolgen. Damit trug Burkert nachhaltig zur Einsicht bei, dass die griechische Kultur nicht ohne die Einflüsse aus archaischer Zeit und nicht ohne den Einfluss des Orients betrachtet werden dürfe.

Für seine Arbeit wurde Walter Burkert mit zahlreichen Ehrungen bedacht, u.a. mit dem Balzan-Preis 1990 und dem Orden Pour le Mérite 1999. 2008 wurde ihm das grosse Bundesverdienstkreuz mit Stern überreicht. Fünf Ehrendoktorate, wie etwa der Universitäten von Toronto und Chicago sowie Gastprofessuren in Oxford, an der University of California und in St. Andrews belegen seinen wissenschaftlichen Weltrang.

In Uster lebte er still und zurückgezogen seit über 40 Jahren ein ganz der Wissenschaft und der eigenen Familie gewidmetes Leben. In Uster trat er öffentlich kaum in Erscheinung und blieb der breiten Bevölkerung weitgehend unbekannt. Hingegen genoss er bei Spaziergängen seine Anonymität, die Ruhe und Abgeschiedenheit, die Uster ihm für seine Arbeit bot. Mit ihm verliert die Wissenschaft einen grossen Denker und Uster einen bedeutenden Mitbürger.